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Kurt Tucholsky
* 9. 1. 1890 in Berlin; † 21. 12. 1935 in Göteborg, Schweden

Dr. iur., Journalist und Schriftsteller, ab 1913 Mitarbeiter der »Schaubühne« und »Weltbühne« (1629 Beiträge), 1918–20 Chefredakteur des »Ulk«, 1923 Bankvolontariat, ab 1924 Korrespondent der »Weltbühne« und der »Vossischen Zeitung« in Paris, 1927 Herausgeber der »Weltbühne«, ab 1930 wohnhaft in Schweden, ausgebürgert am 23. 8. 1933.

Pseudonyme: Paulus Bünzly, Kaspar Hauser, Theobald Körner, Peter Panter, Theobald Tiger, Ignaz Wrobel.

Kurt Tucholsky stieß 1913 als 23 Jahre alter Jura-Student zur »Schaubühne«. Schon im ersten Jahr wurde er Siegfried Jacobsohns wichtigster Mitarbeiter und veröffentlichte auch unter den Pseudonymen Peter Panter, Theobald Tiger und Ignaz Wrobel. Umgekehrt sah Tucholsky in dem neun Jahre älteren Theaterkritiker einen väterlichen Freund und Mentor. »Dem im Jahre 1926 verstorbenen Herausgeber des Blattes, Siegfried Jacobsohn, verdankt Tucholsky alles, was er geworden ist«, schrieb er 1934 im Rückblick über sich selbst.

Bereits 1913 regte Tucholsky wichtige Neuerungen an. Am 20. März erschienen zum ersten Mal die »Antworten«, mit denen die »Schaubühne« fortan auf Leserbriefe reagierte oder auf fingierte Fragen zu aktuellen Themen kurz Stellung bezog. Im September desselben Jahres öffnete Jacobsohn schließlich sein Blatt für Themen außerhalb des Theaters. Tucholskys Jura-Repetitor Martin M. Friedlaender steuerte einen Artikel über den »Tabaktrust« bei. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges verstummte Tucholsky völlig. Von 1916 an war er wieder häufiger mit Beiträgen vertreten, die sich vom Sommer 1918 zunehmend kritischer mit dem preußischen Obrigkeitsstaat unter Kaiser Wilhelm II. auseinandersetzten. Im November 1918 kehrte Tucholsky schließlich aus dem Krieg zurück und übernahm die Chefredaktion des »Ulk«, der Satirebeilage des »Berliner Tageblatts«. Daneben führte er seine umfangreiche Tätigkeit für die »Weltbühne« weiter und setzte sich kritisch mit dem untergegangenen Staat sowie der neuen Republik auseinander. Zu seinen bisherigen Pseudonymen kam noch Kaspar Hauser hinzu, weil Theobald Tiger zunächst für den »Ulk« reserviert war. Aufsehen erregte die »Weltbühne« mit Wrobels Serie »Militaria«, in der scharf mit den Zuständen im deutschen Kriegsheer abgerechnet wurde.

In eine erste Schaffens- und Lebenskrise geriet Tucholsky 1923. Vorübergehend arbeitete er als Volontär in einer Bank. Einen Ausweg aus dieser depressiven Phase fand er im Wechsel nach Paris. Als Korrespondent der »Weltbühne« und der »Vossischen Zeitung« berichtete er aus Frankreich und warb für die Verständigung der beiden Völker, ohne die deutschen Zustände aus dem Blick zu verlieren. Der Tod Jacobsohns im Dezember 1926 riss Tucholsky aus seinem Leben in Frankreich. Um das Fortbestehen der »Weltbühne« zu sichern, kehrte er sofort aus Paris zurück und übernahm die Leitung des Blattes. Die Rolle als »Oberschriftleitungsherausgeber« – wie er sich selbst scherzhaft bezeichnete – behagte ihm jedoch nicht. Im Mai 1927 gab er die Leitung an Carl von Ossietzky ab, der die »Weltbühne« offiziell vom Oktober 1927 an »unter Mitarbeit von Kurt Tucholsky« herausgab.

Trotz anfänglicher Differenzen mit Ossietzky blieb Tucholsky dem Blatt verbunden. Allerdings vorwiegend vom Ausland her, wo er zwischen Frankreich, Schweden und der Schweiz pendelte. Anfang 1930 verlegte er seinen Wohnsitz dauerhaft nach Schweden. Im April 1931 hielt er sich zum letzten Mal in Deutschland auf. Er kehrte auch nicht zurück, als Ossietzky im Juli 1932 wegen seines Satzes »Soldaten sind Mörder« vor Gericht stand. Zu diesem Zeitpunkt hatte Tucholsky praktisch schon aufgehört in der »Weltbühne« und in anderen Blättern zu publizieren. Auch weigerte er sich, nach dem Verbot der »Weltbühne« durch die Nationalsozialisten im März 1933 in der entstehenden Exilpresse zu veröffentlichen. Im Dezember 1935 wollte er schließlich sein Schweigen brechen, um den im KZ inhaftierten Ossietzky gegen die Angriffe seines literarischen Idols Knut Hamsun in Schutz zu nehmen. Doch dazu kam es nicht mehr. Am 21. Dezember 1935 starb Tucholsky an einer Überdosis Schlaftabletten. Bis heute ist nicht geklärt, ob er sich damit das Leben hatte nehmen wollen.

Werke/Werkausgaben

Rheinsberg – ein Bilderbuch für Verliebte. Berlin 1912

Der Zeitsparer. Grotesken von Ignaz Wrobel. Berlin 1914

Fromme Gesänge. Von Theobald Tiger mit einer Vorrede von Ignaz Wrobel. Charlottenburg 1919

Träumereien an preußischen Kaminen. Von Peter Panter. Charlottenburg 1920

Ein Pyrenäenbuch. Berlin 1927

Mit 5 PS. Berlin 1928

Deutschland, Deutschland über alles. Ein Bilderbuch von Kurt Tucholsky und vielen Fotografen. Montiert von John Heartfield. Berlin 1929

Das Lächeln der Mona Lisa. Berlin 1929

Lerne lachen ohne zu weinen. Berlin 1931

Schloß Gripsholm. Eine Sommergeschichte. Berlin 1931

Walter Hasenclever, Kurt Tucholsky: Christoph Kolumbus oder Die Entdeckung Amerikas. Komödie in einem Vorspiel und sechs Bildern. Zürich 1935

Gesamtausgabe. Texte und Briefe. Hrsg. von Antje Bonitz, Dirk Grathoff, Michael Hepp, Gerhard Kraiker. 22 Bände. Rowohlt, Reinbek 1996 ff.

Gesammelte Werke in 10 Bänden. Herausgegeben von Mary Gerold-Tucholsky und Fritz J. Raddatz. Reinbek 1975

Deutsches Tempo. Gesammelte Werke. Ergänzungsband 1. Herausgegeben von Mary Gerold-Tucholsky und J. Raddatz. Reinbek 1985

Republik wider Willen. Gesammelte Werke. Ergänzungsband 2. Herausgegeben von Fritz J. Raddatz. Reinbek 1989

Literatur

Helga Bemmann: Kurt Tucholsky. Ein Lebensbild. Berlin 1990

Michael Hepp: Kurt Tucholsky. Biographische Annäherungen. Reinbek 1993

R. v. Soldenhoff (Hrsg.): Kurt Tucholsky – 1890–1935. Ein Lebensbild. Weinheim und Berlin 1987

Gerhard Zwerenz: Kurt Tucholsky. Biographie eines guten Deutschen. München 1979

Links

de.wikipedia.org/wiki/Kurt Tucholsky

sudelblog.de: Das Weblog zu Kurt Tucholsky

Website der Kurt Tucholsky-Gesellschaft